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Im Laufe der nunmehr 16jährigen Beratungsarbeit hat Madonna e.V. das Beratungs-, Bildungs- und Informationsangebot immer wieder kritisch überprüft, modifiziert und ergänzt, um es gesellschaftlichen Veränderungen und den von Klientinnen geäußerten Wünschen und Bedürfnissen anzupassen. 

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Die verschiedenen Angebote und Projekte fokussieren nicht allein den Ausstieg. Vielmehr integrieren sie die Erfahrung, dass drei Elemente zusammen kommen müssen, will Beratung und Information erfolgreich sein:

  • gesellschaftliche Anerkennung für die Sexarbeiterinnen,

  • legale und gesicherte Arbeitsbedingungen innerhalb der Prostitution

  • und adäquate, auf den individuellen Bedarf zugeschnittene Hilfen. 

 

Den guten, den besten Arbeitsplatz gibt es nicht.

Jede Sexarbeiterin muss für sich herausfinden, an welchem Ort sie ihren Service am besten anbieten kann, wo sie sich am sichersten fühlt und in welchem Bereich ihre Stärken liegen. Manchmal müssen verschiedene Arbeitsorte ausprobiert werden, bis man für sich den richtigen gefunden hat.

Für alle Bereiche gilt, dass Sexarbeiterinnen selbst entscheiden, mit welchem Gast sie ins Geschäft kommen und welchen Service sie anbieten möchten. Klare Vereinbarungen vor der Leistung helfen Missverständnisse zu vermeiden.

  • Auf der Straße und im Eros-Zentrum dominieren die „eiligen“ Kunden, die sich in der Arbeitspause, vor der Oper oder nach der Party noch schnell sexuell vergnügen wollen. Der Arbeitsplatz ist öffentlich; die Gefahr, von Nachbar(inne)n, Freund(inn)en oder Bekannten gesehen zu werden, ist daher groß.

  • In Privatwohnungen, Apartments und Clubs ist es dagegen sehr privat und diskret. Von außen sind sie kaum als bordellähnliche Betriebe zu erkennen, weil meist nur durch Anzeigen auf sie aufmerksam gemacht wird. Die Atmosphäre dort vermittelt dem Kunden das Gefühl, er besuche seine Geliebte.

  • In Bars mit Tabledance steht die Unterhaltung im Vordergrund. Die Zeit, die man mit den Kunden im Bett verbringt, ist eher kurz.

  • Den Kunden von Massage-Studios geht es in erster Linie um eine erotische Massage. Manchmal werden anschließend noch weitere sexuelle Dienstleistungen gewünscht.

  • In einem S/M-Studio arbeitet man in einem besonderen Ambiente und mit speziellem „Handwerkszeug“, trägt dazu die passende Kleidung aus Lack und/oder Leder und muss die manchmal extravaganten Wünsche der Kunden respektieren können.

  • Swinger-Clubs, Saunen und FKK-Oasen bilden Grenzbereiche der Prostitution. Oft ist nicht erkennbar, ob für Sex gezahlt wird. Auf jeden Fall spielen Nacktheit und die Atmosphäre eine wichtige Rolle.

  • Beim Escortservice oder bei Hausbesuchen steht nicht immer die sexuelle Dienstleistung  im Vordergrund. Häufig wird daneben die Begleitung des Kunden erwartet, und der Kunde möchte das Gefühl haben, mit einer Geliebten zusammen zu sein. Buchungen über ein oder mehrere Tage sind im Escortservice nicht ausgeschlossen.


Wenn Sex Arbeit ist, soll was Recht ist, Recht werden.

Frauen, die in der Prostitution ihren Lebensunterhalt erwerben, wollen wissen, wie sie das anstellen können, ohne gegen Gesetze zu verstoßen. Sie wünschen Sicherheit und Arbeitsschutz und Möglichkeiten, sich diese auf rechtlichem Wege zu erstreiten.
Das ist nicht einfach, denn Sexarbeit ist nicht wie andere Erwerbstätigkeiten durch das Arbeits- oder Dienstrecht geregelt. Jahrzehnte wurde sie in einen rechtsfreien Raum abgedrängt, wo sich legale Arbeits- und Marktstrukturen nicht etablieren konnten. Früher wurde jede Arbeitsorganisation in der Prostitution strafrechtlich bedroht. Die Vereinbarung zwischen Sexarbeiterin und Kunde galt als sittenwidrig und damit nichtig. Die Sexarbeiterinnen konnten ihr Honorar nicht einklagen.

Das Prostitutionsgesetz vom 20.12.2001 brachte nach langen politischen Debatten zwei wesentliche und begrüßenswerte Veränderungen:

  • Die Vereinbarung einer Prostituierten mit ihrem Kunden begründet jetzt eine rechtswirksame Forderung. Dies und die festgeschriebene Möglichkeit, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse innerhalb der Prostitution einzurichten, hebt das Verdikt der Sittenwidrigkeit faktisch auf.

  • Zum anderen ist mit der Streichung des Straftatbestandes der Förderung der Prostitution die Chance eröffnet, Sexarbeiterinnen gute Arbeitsbedingungen zu bieten, ohne mit einem Bein im Gefängnis stehen.

Dennoch ist auch hier nicht alles Gold, was glänzt: Viele Gesetze und Bestimmungen, die nach wie vor die Prostitution reglementieren, wie die Sperrgebietsverordnungen der Kommunen oder das Werbeverbot, unterlaufen die Wirksamkeit des neuen Gesetzes und erschweren die Umsetzung.
Madonna berät zur rechtlichen Situation, gibt Informationen, klärt über Rechte und Pflichten auf und bietet konkrete Hilfen an, wenn Frauen diese Rechte in Anspruch nehmen wollen, sei es als Arbeitnehmerin, als Selbständige oder als Arbeitgeberin.
Im Januar 2007 hat die Bundesregierung auf Grund einer Untersuchung über die Wirksamkeit des Prostitutionsgesetzes einige dieser Mängel aufgegriffen und Abhilfe versprochen.
Madonna ist gespannt.

"Die Prostitution fällt (...) heute wie jede andere auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage unter die Garantie des Art 12 Abs. 1 GG ."

aus: BMFSFJ (Hg): Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten , S. 8